Interview Susanne Fleckenstein
Du lebst im Allgäu in Baden-Württemberg und schwätzt Schwäbisch. Warum hast Du eine Lizenz in Bayern (BC Lindenberg)?
Ich lebe jetzt seit über 10 Jahren in Wangen und spiele immer in Lindenberg, war aber bis letztes Jahr nur passives Mitglied. In der letzten Saison hat Lindenberg den Sprung in die Regionalliga Süd in BaWü gepackt (ja, richtig! Lindenberg spielt in BaWü Liga!) und brauchte nun händeringend noch eine Ersatzdame. Viel Überzeugungsarbeit mussten sie nicht leisten, denn das Lindenberger Team ist toll und ich gehörte sowieso schon fast dazu. Die richtige Umstellung war erst, nachdem mich der Bayerische Verband noch zum Länderpokal aufgestellt hat und wir gleich das erste Spiel gegen meine alten Teamkolleginnen hatten …
Du hast viele Jahre im DPV Kader gespielt und bist da jetzt raus. Welche Ursachen siehst Du?
Vor 2 Jahren kurz vor der EM hatte ich leider eine kleine Hand-OP, die mich eine Weile spielerisch ziemlich ausgeknockt hat. Für mich war die einzig richtige Option, mich gleich aus dem Nationalkader nehmen zu lassen. Zwar klappt das mittlerweile wieder ganz gut, aber trotzdem ist eine kleine Pause nach über 10 Jahren DPV auch mal ganz OK.
Wir üben einen Sport aus, der von vielen nicht als Sport angesehen wird. Was ist der sportliche Reiz für Dich am Pétanque?
Eine gewisse körperliche Fitness gehört dazu, um z.B. 3 Tage bei einer EM/WM oder eine DM zu überstehen. Wir stehen sehr viel, mein größter Feind sind der Rücken und die Füße. Und das wichtigste ist das Zusammenspiel von Kopf und Körper. Mentale Stärke, Routine und Konstanz machen einen guten Spieler aus.
Kannst Du Dir vorstellen statt BaWü 1 auch mal als Bayern 1 anzutreten?
Klaro, 24 Jahre BaWü streift man nur nicht so schnell ab …
Bitte fasse das DM-Wochenende aus Deiner Sicht zusammen (DM Mixte auf der Tromm, 23./24.7.16).
Leichte Nervosität am Samstag, die aber durch meinen tollen und locker aufspielenden Partner Abdoulaye gleich wieder zerstreut wurde. Wir waren sehr konzentriert und fokussiert, aber hatten trotzdem unseren Spaß – die Kombi finde absolut unverzichtbar, wenn man erfolgreich spielen will!
Sonntagmorgen gleich einen echten Kracher gegen NiSa 1, Anne [Hübchen] und Jan [Garner]. Viele dicke Aufnahmen auf beiden Seiten (ersten beiden Aufnahmen: 6:0, 6:5), war ein echtes Sonntagmorgenspiel – gibt’s auch noch auf dem Niveau und mit der Erfahrung …
Aber dann haben wir uns Spiel für Spiel gesteigert, das Halbfinale war sicherlich das nervenaufreibendste Spiel an diesem Tag – nach 12:5 stand es urplötzlich 12:12. Carsta und Pascal haben gekämpft, aber wir haben glücklicherweise durchgehalten.
Das Finale war im Vergleich sehr kurz und geprägt von Müdigkeitserscheinungen auf beiden Seiten, aber wir waren doch noch fitter!
Nach genau 10 Jahren mein zweiter Mixte-Titel, ich habe mich unglaublich über diesen Erfolg gefreut!
Welche größeren Turniere stehen in Deinem Terminkalender in nächster Zeit?
Ehrlich gesagt keine. Hatte Liga, das Hofgartenturnier und die DM Mixte auf dem Kalender – alles weitere spontan nach Lust und Laune.
Unterscheidest Du zwischen „normalen“ und Grand Prix d’Allemagne-Turnieren?
Eigentlich nicht. Ich finde aber den Grundgedanken beim GP toll, dass jeder auch ohne Lizenz oder Vereinszugehörigkeit mitmachen kann. Davon konnte in München mein Freund (Nicht-Boulespieler) gleich profitieren …
Das einzige, womit ich nicht ganz klar komme, ist Rauchen und Alkohol trinken. Jeder Laie denkt beim Boulespielen gleich an alte Franzosen mit Rotweinglas, dabei ist es so viel mehr. Die Wirkung nach außen ist bei solchen Veranstaltungen nicht die beste, gerade bei Nachwuchs, den wir immer suchen. Habe schon ein paar irritierte Passanten fragen hören, warum denn da geraucht wird. Aber ich denke auch, dass wir noch zu weit weg von wirklichem Spitzensport sind – deswegen Laissez-faire!
Du bist als solide Legerin bekannt. Welchen Bezug hast Du zum Schießen?
Ich mache das echt gerne. Als Legerin bekommt man oftmals die Gelegenheit, für große Päckle zu schießen – das macht Laune!
Aus dem Spielverlauf heraus drehen ist auch kein Problem, nur immer als Schießerin zu „arbeiten“ wäre eher nix für mich. Ich mag die Herausforderung beim Legen. Boden lesen, die berühmte erste wichtige Kugel, dichtmachen, Devant legen oder mit einem schönen Portée mutig die Situation verändern. Diese Möglichkeiten hat man beim Schießen nicht und machen für mich den Sport so interessant!